Der AWO Bundesverband will das Potential im Bereich Datennutzung weiter ausschöpfen und eine starke Stimme im gesellschaftlichen Daten-Diskurs entwickeln. Mit der Workshop-Reihe “AWO digital Datenreise” wurden erste wichtige Schritte getan. Ein Themenpapier fasst die Ergebnisse zusammen. 

Täglich werden innerhalb und außerhalb der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege immer mehr Daten digital verarbeitet. Für die AWO bedeutet dies Chance und Verantwortung zugleich: Daten sind eine wertvolle Ressource für das Überprüfen und Fortentwickeln wirkungsorientierter Programmarbeit ebenso wie für eine effiziente Organisationsführung. Gleichzeitig werfen sie wichtige ethische und soziale Fragen auf, beispielsweise dahingehend, wie mit Daten vulnerabler Gruppen umgegangen wird. 

Um das Potential im Bereich Datennutzung auszuschöpfen und eine starke Stimme im gesellschaftlichen Diskurs zu entwickeln, startete der AWO Bundesverband in die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema Daten. Mit der „AWO digital Datenreise” – einer vorstrategischen Erkundung – wurde ein Orientierungsrahmen erarbeitet. Das Projekt umfasste eine vierteilige Workshop-Reihe, die 21 AWO-Kolleg*innen mit Datenexpert*innen zusammenbrachte, um über Datenerhebung und -nutzung zu diskutieren. Dabei wurden auch ethische und soziale Fragen im Zusammenhang mit Daten diskutiert, wie z. B. den Umgang mit Daten von schutzbedürftigen Gruppen. Ziel der Workshops war, Perspektiven und Potenziale für die wirkungsvolle Erhebung und Verwendung von Daten der AWO zu entwickeln und gleichzeitig strategische und praktische Kompetenzen im Umgang mit Daten zu schulen. Ein Daten-Beirat versammelte vier Expertinnen, die über die gesamte Reise hinweg Wissen und Methoden beisteuerten und dabei unterstützten, diese Werkzeuge als Kompass und Landkarten zu nutzen. Darüber hinaus wurde ein verbandsübergreifender Roundtable zum Thema Datennutzung ins Leben gerufen, denn die Zukunftsfähigkeit und Anwaltschaft in Bezug auf Daten ist eine Gemeinschaftsaufgabe der Freien Wohlfahrtspflege. Die ersten Schritte, Erkenntnisse und Ergebnisse der „AWO digital Datenreise” wurden in einem Themenpapier aufgearbeitet, mit dem Ziel diese für weitere Verbände der Wohlfahrtspflege und Akteure in der Zivilgesellschaft im Sinne des Wissenstransfers zugänglich zu machen.  

Hier das Themenpapier herunterladen

Das Handlungsfeld gemeinwohlorientierte Datennutzung in fünf Dimensionen erschließen 

Das Handlungsfeld Daten ist komplex und vielschichtig. Es wurzelt in digitalethischen Fragen und umfasst in der Umsetzung ein breites Spektrum an technischen und organisationsentwicklerischen Herausforderungen und individueller Kompetenzentwicklung.  Schließlich führt es zur politischen Positionierung in einer auch digital geformten Gesellschaft. Um dieser Komplexität begegnen zu können, braucht es eine mehrdimensionale Herangehensweise. So wurden im Rahmen der „AWO digital Datenreise” Beobachtungen zum Status Quo und zu Entwicklungschancen in den fünf Dimensionen Mensch, Technologie, Organisation, Daten und Strategie gesammelt. Diese Dimensionen sind gleichermaßen bedeutsam und bedingen einander. 

Dies sind einige der wichtigen Erkenntnisse:  

  • Mensch: In der Förderung von Datenkompetenz liegen große Potenziale, die Zukunftsfähigkeit der Organisation zu steigern. Einzelne verfügen über hohe Datenkompetenz wie auch Kompetenz im Umgang mit digitalen Tools. Bisher findet kaum Austausch und Kompetenztransfer in die Breite der Organisation statt. 
  • Technologie: Auch die Ausstattung mit Software und Hardware ist ungleichmäßig verteilt und kaum integriert. Es fehlt der Überblick über vorhandene Ressourcen und Erfahrungen in der Anwendung.  
  • Organisation: Knappe Ressourcen, fehlende Prozesse und unklare Zuständigkeiten für das Querschnittsthema erschweren bisher die zielgerichtete Arbeit mit Daten und die verbandsinterne Zusammenarbeit. Für die weitere Entwicklung des Datenthemas werden die Werte der AWO als starker Wegweiser wahrgenommen. 
  • Daten: Es gibt umfangreiche Daten innerhalb der AWO, jedoch liegen diese oft nicht in einer Qualität vor, die systematische Nutzung erlaubt. Es gibt aber auch gut strukturierte Datensätze, die wertvolle Einblicke versprechen. Erste Anwendungsfälle geben Aufschluss über die Praxis datenbasierten Arbeitens. Fehlende Standards erschweren das Verbinden dieser Inseln. 
  • Strategie: Die strategische Ausrichtung datenbasierter Aktivitäten ist bisher weitgehend ungeklärt. 

Den Blick nach vorn richten: Wegweiser für die strategische Ausrichtung definieren 

Der AWO Bundesverband überlegt, wie Datenkompetenz gefördert, Standards entwickelt und organisatorische Verantwortlichkeiten geklärt werden können, um Daten besser nutzen zu können. Deshalb wurden aus den gesammelten Beobachtungen acht Fokusbereiche abgeleitet. Sie zeigen auf, wo der AWO Bundesverband in der eigenen Datenreise ansetzen und sich entwickeln will.   

Diese sind:  

  • Verankerung der Datenaktivität in den Werten der AWO 
  • Entwicklung von Datenkompetenz  
  • Stärkung gemeinsamer Standards 
  • Ausstattung mit passenden Ressourcen 
  • Klärung und weitere Etablierung organisatorischer Zuständigkeiten 
  • Stärkung von Transparenz, Offenheit und Zusammenarbeit  

Neben diesen Ansatzpunkten, die auf organisationaler Ebene den weiteren Weg abzeichnen, sind im Rahmen der „AWO digital Datenreise“ Leitgedanken entstanden, die der AWO Bundesverband mit ins weitere Tun im weiten Feld der gemeinwohlorientierten Datennutzung nehmen will. Sie beziehen sich auf die Art der Fortbewegung: 

Mit den Fragen beginnen 

Für die Entwicklung der strategischen Ausrichtung ist es zentral, bei den strategischen Organisationszielen anzusetzen. Die Frage sollte weniger lauten: Wir haben Daten – was machen wir damit? Sondern vielmehr: Wir haben folgende Ziele und praktische Herausforderungen – wie können wir diesen mittels Datennutzung besser gerecht werden? 

Zukunftsbilder entwickeln 

Eine Datenstrategie ist dann tragfähig , wenn sie Teil eines Zukunftsbildes ist. Ein solches Bild gibt es für datenbezogene Zukünfte in der AWO aktuell nicht. Helfen kann hier eine gemeinsame Klärung zu den Beiträgen, die die AWO in der digitalen, datenbasierten Welt von morgen leisten will. 

In der Praxis erproben 

Strategieentwicklung profitiert von begleitenden Erprobungen in der Praxis. Das kann über Ankerprojekte passieren. In der „AWO digital Datenreise“ wurden im Bundesverband Datenanwendungsfälle zu den Themen Wirkungsmessung, CO2-Einsparung und Personalsteuerung angestoßen, die zum strategischen Ankerprojekt weiterentwickelt werden können. 

Kooperation leben 

Es gibt viel Gestaltungsspielraum im Handlungsfeld Daten – auch und gerade im Verbund mit anderen Akteuren aus der Freien Wohlfahrtspflege und der Zivilgesellschaft. Themen wie die Qualifizierung der Mitarbeiter*innen in Datenkompetenz, geteilte Datenstandards oder Datenpolitik sind prädestiniert für Zusammenarbeit. Genauso relevant ist Austausch darüber, anhand welcher (geteilter) Daten und Methoden unsere Zielerreichung verbessert werden kann. Damit dieses Potenzial lebendig werden kann, sind weitere Schritte des Austauschs und der Kooperation nötig.  

Den digitalen Wandel wertebasiert und aktiv mitgestalten 

Für Organisationen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind, leitet sich der normative Anspruch ab, Daten zum Wohl von Individuen und der Gesellschaft zu nutzen. Ziel sollte sein, eine sektorspezifische, optimale Balance zwischen Datennutz und Datenschutz zu erreichen. Anders gesagt: Die Akteure müssen ihren Einfluss geltend machen, damit der gesamtgesellschaftliche Wandel in positive, menschengerechte Bahnen geleitet, und nicht von rein wirtschaftlichen Interessen dominiert wird. Zivilgesellschaft und Freie Wohlfahrtspflege sind nicht bloß passiv Beobachtende der gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen im Zuge zunehmender Datennutzung. Sie sind aufgerufen, diese neue Phase der Digitalisierung wertebasiert und aktiv mitzugestalten. 

Wir, der AWO Bundesverband, möchten alle Akteure der Wohlfahrt, aber auch der Zivilgesellschaft generell, die das Thema genauso umtreibt wie uns, eine herzliche Einladung aussprechen, die eine oder andere nächste Etappe der zukünftigen Datenreise gemeinsam zu beschreiten. So kann aus der ersten Bestandsaufnahme weitere Entwicklung entstehen. Der ins Leben gerufene Roundtable ist hier ein Anfang.    

Lesen Sie hier das Themenpapier zur „AWO digital Datenreise“ mit den Erkenntnissen aus der Erkundungsreise sowie anwendungsorientierten Erläuterungen zu den zur Anwendung gekommenen Methode der strategischen Erkundung.